Kerstin Stegemann ist Vorsitzende des Diözesankomitees der Katholiken im Bistum Münster. Sie ist eine von 230 Teilnehmenden der Synodalversammlung

Die Synodalversammlung ist das oberste Organ des Synodalen Weges und kann Beschlüsse fassen. Ihr gehören die Mitglieder der Deutschen Bischofskonferenz, 69 Vertreter des Zentralkomitees der deutschen Katholiken, weitere Vertreterinnen und Vertreter geistlicher Dienste und kirchlicher Ämter sowie junge Menschen und Einzelpersönlichkeiten an. Insgesamt umfasst die Synodalversammlung 230 Personen.

und ist Mitglied in dem Synodalforum: Macht und Gewaltenteilung in der Kirche – Gemeinsame Teilnahme und Teilhabe am Sendungsauftrag

Für die inhaltliche Arbeit des Synodalen Weges wurden bei der ersten Synodalversammlung vier Synodalforen eingerichtet. Sie erarbeiten die Vorlagen für die Synodalversammlung. Die Synodalforen führen die Themen der Vorbereitungsforen fort und heißen nun „Macht und Gewaltenteilung in der Kirche – Gemeinsame Teilnahme und Teilhabe am Sendungsauftrag“, „Leben in gelingenden Beziehungen – Liebe leben in Sexualität und Partnerschaft“, „Priesterliche Existenz heute“ und „Frauen in Diensten und Ämtern in der Kirche“.

Steckbrief Kerstin Stegemann:

  • 34 Jahre alt
  • Lebe in Münster
  • Geschäftsführung FSD (Freiwillige Soziale Dienste im Bistum Münster)
  • Politikwissenschaftlerin MA
  • Mitglied Kolpingwerk Münster, Vorsitzende Fachausschuss Verbandsentwicklung

 

 

Aufgrund der Corona Pandemie sind alle Zusammenkünfte des Synodalen Wegs verschoben worden. Arbeiten die Foren denn weiter? Wie werden die Absprachen getroffen?

Mein Forum hätte sich eigentlich in der Woche nach Ostern getroffen. Dieser Termin wurde abgesagt und es gibt nun ein Treffen voraussichtlich Anfang Juli. Bis dahin wurde darum gebeten, eine schriftliche Rückmeldung zum Text des Vor-Forums zu geben.

Tatsächlich scheint aber vieles gerade in der Warteschleife zu sein bis klar ist, dass es weitergehen kann. Zudem scheint mit, dass viele gerade mit anderen und durch die Krise drängenderen Themen beschäftigt sind.

Wenn man manche Äußerungen von Bischöfen und Kardinälen zur ersten Synodalversammlung Ende Januar liest, kommen einem Zweifel, ob das wirklich ein Weg wird, an dessen Ende Veränderung steht. Andere Verantwortliche zeigen sich da offener und reformfreudig. Was erhoffst du dir persönlich vom Synodalen Weg? Wie sähe ein gutes Ergebnis für dich aus?

Zur ersten Versammlung bin ich mit sehr gemischten Gefühlen gefahren. Einerseits habe ich die Hoffnung, dass dieser Weg wirklich etwas bringt. Dass am Ende konkrete Ergebnis stehen und die zentralen Fragen nicht einfach wieder nur vertagt werden. Andererseits weiß ich ja auch, wie es manchmal läuft: Da wird dann viel geredet und Verständnis geäußert, am Ende aber zu einer Entscheidung zu kommen, traut man sich dann aber nicht.

Wenn man die Berichterstattung in den Medien zur ersten Versammlung verfolgt, geht die Bandbreite wirklich sehr weit auseinander und einiges von dem, was ich da gelesen und gehört habe, hat mich auch sehr geärgert. Es war klar, dass die erste Versammlung eher eine strukturelle wird, auf der die Arbeitsweise geklärt wird. Und wenn es hier schon Menschen gibt, die alles anzweifeln, nur, weil alle gleiches Rederecht haben, sagt das viel über die eigene Haltung aus. Das macht mir Sorge.

Und realistisch gefragt? Was erwartest du von den Ergebnissen des Synodalen Weges?

Ich würde mich nicht beteiligen, wenn ich nicht wirklich die Erwartung hätte, dass am Ende etwas Konkretes steht. Ich muss daran glauben, sonst könnte ich mich nicht motivieren, dort mitzuarbeiten. Ich glaube, wir haben keine andere Chance als diesen Weg zu nutzen.

Kannst du uns einen Eindruck schildern, wie die Atmosphäre auf der Versammlung war? Gibt es eine Begebenheit, die das gut beschreibt?

Ich bin ein großer Fan von der Sitzordnung. Sie zeigt das entscheidende: Alle sind gleich!

Wir wurden nach alphabetischer Reihenfolge unserer Nachnamen platziert. Ganz egal ob Doktortitel, Weihe, Mann oder Frau. Für niemanden gab es eine Ausnahme. Besonders mit meinem linken Sitz-Nachbarn hatte ich sehr schnell tolle Gespräche und viel Spaß. Hätte das Alphabet uns nicht nebeneinandergesetzt, wäre das wohl so nie passiert.

Und das zog sich eigentlich durch die Versammlung. Es gab keine Lagerbildung, keine Ecke in der nur bestimmte Personengruppen waren, kein Raum der nur einigen wenigen vorbehalten war, keine extra-Sitzplätze beim Essen oder im Gottesdienst. So würde ich mir meine Kirche immer wünschen.

Es gab Aufrufe zur Beteiligung, was können wir als Familienverband für den Synodalen Weg tun? Was können Familien für den Reformprozess tun?

Ich finde es total wichtig, dass es nicht bei der Diskussion auf Bundesebene bleibt. Das, was da besprochen wird, geht uns alle an. Es betrifft unser Engagement vor Ort und setzt für die Ehrenamtlichen die Rahmenbedingungen. Man darf also nicht nur darauf hoffen, dass dort schon richtig entschieden wird. Ich finde wichtig, den Delegierten immer wieder zu sagen, welche Wünsche es gibt und auch einzufordern, zu sagen für was diese auf der Synodalversammlung eintreten. Es kann sich nur etwas verändern, wenn alle dazu beitragen.

Viele Veranstaltungen im kirchlichen Kontext fallen derzeit aus oder müssen längerfristig verschoben werden. Kirchen sind für Messen geschlossen. Wie können wir als Kirche der Beteiligung und der Begegnung in dieser besonderen Situation bestehen? Als ein Verband der die Gemeinschaft feiert und Begegnungen zwischen Menschen organisiert und fördert, kommen wir an den Punkt, dass dies lange nicht möglich war/ist. Was können wir im Kleinen in den Familienkreisen daraus lernen und wie sollte sich ein kirchlicher Verband bzw. die Kirche zu dieser Herausforderung verhalten?

Ich bin völlig begeistert, was gerade alles möglich ist. Das ist eine Chance in dieser Krise! Wir haben gar nicht die Möglichkeit Vorbehalte zu haben, weil wir keine Alternative haben. Wir müssen neue Wege und Formate ausprobieren. Und das Tolle daran: Wir probieren sie aus. Es muss nicht alles sofort perfekt sein. Kreativität und Experimentieren sind gefragt.

Und gerade jetzt, wo alle zuhause bleiben müssen und vielleicht allein sind, ist es umso wichtiger Verbindung zu schaffen. Sonst gehe ich immer Sonntagsabends mit Freundinnen in den Gottesdienst. Das geht jetzt nicht und wir gucken jede für sich zuhause den gleichen Livestream. Dabei skypen wir miteinander und hinterher trinken wir noch gemeinsam ein Glas Wein. Auf diese Weise weiß ich, dass ich nicht allein bin. (siehe auch: facebook unter #afterchurchclub oder bei Kirche im WDR

In der JG gibt es viele Familienkreise. Und die müssen ja jetzt nicht ausfallen, nur, weil man sich nicht live sehen kann. Kirche und besonders Verbände müssen weiter bei den Menschen sein. Und ich weiß, dass es da schon ganz viele tolle kreative Ansätze gibt.

Das Thema der JG aktuell im Herbst soll „Mutig Christ sein!“ heißen. Was ist dir der wichtigste Aspekt in dieser Aufforderung und was möchtest du uns dafür mit auf den Weg geben?

Gerade in dieser Zeit ein wunderbares Motto. Um uns herum ist viel Unsicherheit. Viele Menschen sind in Kurzarbeit oder haben ihr Einkommen ganz verloren. Keiner weiß, wie lange diese Situation anhalten wird. Umso wichtiger für uns Christ*innen nicht nur auf uns zu schauen, sondern aufeinander und miteinander zu überlegen, wie wir diese Krise und ihre Herausforderungen gemeinsam meistern können.

(Dieses Interview sollte in der JG aktuell im Mai erscheinen. Wir haben uns für ein anderes Thema entschieden, fanden die Antworten aber zu gut, um damit bis zum Herbst zu warten. Danke Kerstin für deine Mühe)